Preiselastizität: der Weg zu optimierten Preisen

Inhaltsverzeichnis

Die genaue Messung der Preiselastizität ist der Schlüssel jeder Preisoptimierung. Manager müssen verstehen, wie Kunden auf eine Preisänderung reagieren, um das volle Potenzial der Preisgestaltung zu erschließen. 

Auf der Grundlage von Preiselastizitäten können Sie…

  • Produkte identifizieren, die für Ihre Kunden wichtig sind und somit entscheidend für den Aufbau Ihres Preisimages sind.
  • Produkte identifizieren, bei denen Ihre Kunden regelmäßig Preise vergleichen.
  • Die Gewinn- und Ertragsszenarien für verschiedene Preispunkte eines einzelnen Produkts oder für Ihr gesamtes Sortiment berechnen.
  • Eine automatisierte und optimierte nachfrageorientierte Preisgestaltung ermöglichen.

Was ist Preiselastizität?

Die Preiselastizität misst, wie sich nach einer Preisanpassung die Nachfrage nach einem Produkt verändert. Preiselastizität lässt sich mit einer Formel berechnen und als Preis-Absatz-Funktion abbilden – eine mathematische Kurve, die zeigt, wie oft ein Produkt zu welchem Preis verkauft wird. Zugleich kann man aus der Preis-Absatz-Funktion herauslesen, wie sich die Nachfrage eines Artikels verändert, wenn der Preis angepasst wird. Es geht demnach um die Elastizität der Nachfrage.

Die meisten Kunden und die meisten Märkte reagieren empfindlich auf Preisänderungen. Eine Preiserhöhung führt in der Regel zum Rückgang der Nachfrage, weil Kunden nicht mehr Geld für ein Produkt oder eine Dienstleistung ausgeben möchten. Eine Preissenkung wiederum führt meist zu einer Erhöhung der Nachfrage. Man nennt diese Nachfrage preiselastisch, da sie je nach Preisgestaltung schwanken kann.

Optimale Preisfindung durch Messung der Preiselastizität der Nachfrage

Die Messung der Preiselastizität ist schwierig, denn im Allgemeinen agieren Unternehmen nicht unter idealen Testbedingungen. Häufig werden nicht nur die Preise angepasst, sondern es ändern sich zeitgleich andere interne und externe Faktoren, die die Preiselastizität beeinflussen, wie Konkurrenzpreise oder das Wetter (und damit die Nachfrage). Zudem sind Preiselastizitäten nicht entlang der gesamten Preisnachfragekurve konstant. In der Nähe der Preise der wichtigsten Wettbewerber sind sie in der Regel höher (in absoluten Zahlen). 

Gerade weil es nicht einfach ist, die Preiselastizität zu messen, greifen viele Händler auf simplere Methoden der Preisgestaltung zurück. Oft wird mit einfachen regelbasierten Methoden gearbeitet, die aus “Wenn dann”-Bedingungen aufgebaut sind. Führende Händler geben sich damit allerdings nicht zufrieden und nutzen Preiselastizitäten als Basis für die Preisgestaltung. Um diese zu berechnen, kommen Machine Learning-basierte Algorithmen zum Einsatz, die in einem ersten Schritt den Effekt von Preisänderungen auf den Absatz messen. Diese Algorithmen berücksichtigen zudem eine wesentlich höhere Anzahl von weiteren Faktoren, die sich auf die Preisbereitschaft der Kunden auswirken. Die genauere Preisoptimierung basierend auf der Berechnung von Preiselastizitäten führt zu einer signifikanten Steigerung des Gewinns. Im Onlinehandel konnten Unternehmen wir 7Learnings diese Gewinnsteigerung mit Hilfe von A/B-Tests nachweisen. 

Berechnung der Preiselastizität der Nachfrage

Bei den meisten Produkten im Einzelhandel reagieren Verbraucher preissensibel und kaufen weniger, wenn der Preis steigt. Die Preiselastizität ist dann negativ. Von positiver Preiselastizität spricht man, wenn ein höherer Preis zu einer höheren Nachfrage führt, was eher selten und am ehesten im Luxussegment der Fall ist. Um unterschiedliche Güter und Dienstleistungen vergleichen zu können, teilt man, um die Preiselastizität der Nachfrage zu ermitteln, die prozentuale Nachfrageänderung durch die prozentuale Preisänderung:

Preiselastizität

PED (Preiselastizität der Nachfrage) = (Änderung der Nachfrage/Preisänderung)

Bei einer hohen Elastizität hängt die Nachfrage stark vom Preis ab, wie beispielsweise bei Konsumgütern bestimmter Marken (einem bestimmten Joghurt, einem markengebundenen Sneaker). Bei einer niedrigen Elastizität stehen Nachfrage und Preis kaum in Zusammenhang, wie bei lebensnotwendigen Waren (Grundnahrungsmittel, Benzin oder Wohnraum). Niedrig ist die Elastizität auch dann, wenn es keine Ersatzprodukte  (Substitutionsgüter) gibt. Selbst bei Preiserhöhungen bleibt die Nachfrage dann relativ stabil, was als preisunelastisch bezeichnet wird. Wichtig für die Preiselastizität ist also auch, ob gleichwertige Ersatzprodukte bzw. Substitutionsgüter vorhanden sind.

Für obige Formel bedeutet das, dass Preiselastizitäten im Einzelhandel fast immer negativ sind: Als elastisch bezeichnet man die Nachfrage, wenn der Wert der Elastizität über „1“ liegt, als unelastisch, wenn er unter „1“ liegt.

Preiselastizität im Handel: ein Beispiel

Im folgenden Beispiel wenden wir die Formel der Preiselastizität auf einen Online-Händler für TV-Geräte an. Der Händler beschließt, den Preis für das TV-Gerät der Marke X von 1.000 Euro auf 750 Euro zu senken und geht davon aus, dass die Verkäufe dadurch von 10.000 TV-Geräten der Marke X auf 20.000 Geräte pro Monat steigen.

Preiselastizität
Die Preiselastizität berechnen

Um die Preiselastizität zu berechnen, schauen wir uns die prozentuale Änderung der nachgefragten Menge und die prozentuale Änderung des Preises an.

% Änderung des Preises = (750 Euro – 1.000 Euro)/(1000 Euro) = –25 %

% Änderung der Nachfrage = (20.000 – 10.000)/(10.000) = +100 %

Die Preiselastizität = 100 %/–25 % = –4  

Das bedeutet, dass die Nachfrage relativ elastisch ist. Das heißt, der Absatz des TV-Geräts wird sich stark verändern, wenn der Händler den Preis verändert, egal ob nach oben oder nach unten. Das Produkt ist für den Händler damit überaus wettbewerbsrelevant. Wäre die Nachfrage wenig elastisch, hätte eine Preisänderung nur geringe Auswirkungen auf die Absatzzahlen, das Produkt wäre wenig wettbewerbsrelevant.

Verschiedene Arten von Preiselastizität der Nachfrage

Arten Was bedeutet das? Auswirkung auf Umsatz

Vollkommen unelastische Nachfrage,

(PED = 0)

  •  Keine Änderung der Nachfrage bei einer Änderung des Preises
  • Die Nachfrage bleibt für jeden Wert des Preises konstant.
  • Die Nachfragekurve wird als gerade vertikale Linie dargestellt.
  •  Es gibt kein Produkt, das eine vollkommen unelastische Nachfrage hat – am ehesten lebensnotwendige Güter wie Wasser, Wohnraum oder Grundnahrungsmittel.

Preis ↑ Gesamtumsatz ↑
Preis ↓  Gesamtumsatz ↓

Relativ unelastische Nachfrage,

(PED = 0 < x < 1)

  • Die prozentuale Änderung der Nachfrage ist geringer als die prozentuale Änderung des Preises.
  • Die Nachfragekurve ist rasch ansteigend.
  • Ein typisches Beispiel ist Benzin.

Preis ↑  Gesamtumsatz ↑
Preis ↓ Gesamtumsatz ↓

Einheitselastische Nachfrage,

(PED = 1)

  • Die anteilige Änderung der Nachfrage bewirkt die gleiche Änderung des Preises.
  • Die nachgefragte Menge ändert sich um den gleichen Prozentsatz wie die Preisänderung.
  • Das kann je nach Marktsituation unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen betreffen, z. B. Strom(-anbieter).

Preis ↑ dann

keine Änderung des Gesamtumsatzes

Preis ↓ dann

keine Änderung des Gesamtumsatzes

Relativ elastische Nachfrage,

(PED = 1 < x < ∞)

  •  Die erzeugte anteilige Änderung der Nachfrage ist größer als die anteilige Änderung des Preises. 
  • Die nachgefragte Menge ändert sich um einen größeren Prozentsatz als die Änderung des Preises.
  • Die Nachfragekurve wird allmählich ansteigend dargestellt. Sie ist weniger steil als die relativ unelastische Nachfrage. 
  • In diesen Bereich fallen viele Konsumgüter.

Preis ↑  Gesamtumsatz ↓

Preis ↓ Gesamtumsatz ↑

Vollkommen elastische Nachfrage,

(PED = ∞)

  •  Ein kleiner Preisanstieg führt zu einem Rückgang der Nachfrage auf Null, während ein kleiner Preisrückgang dazu führt, dass die Nachfrage unendlich wird.
  • Die Verbraucher kaufen alles, was zu einem bestimmten Preis verfügbar ist, aber nichts zu irgendeinem anderen Preis.
  • Es handelt sich um ein theoretisches Konzept, da es perfekten Wettbewerb voraussetzt, bei dem die geringste Preiserhöhung zu einer Nachfrage von Null führt.

Preis ↑ dann Gesamtumsatz 0

Preis ↓ dann Gesamtumsatz 0

Faktoren, die die Preiselastizität im Einzelhandel beeinflussen

Die Preiselastizität eines Produkts wird durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst. Oft ist es nicht einfach, diese zu identifizieren und die Auswirkung auf die Preiselastizität zu messen. Hinzu kommt, dass sich die Faktoren verändern und somit auch die Preiselastizität über die Zeit gesehen keinen konstanten Wert hat. Folgende Punkte haben häufig eine direkte Auswirkung auf die Preiselastizität eines Artikels oder einer Dienstleistung:

Art des Produkts

Notwendige Güter und Waren (unelastisch)
  • Güter, die lebensnotwendig sind, sind in der Regel unelastisch, was bedeutet, dass eine Preisänderung die Nachfrage wenig beeinflusst. Wenn zum Beispiel der Benzinpreis steigt, ändert sich die Nachfrage nicht allzu sehr, da die Menschen ihr Auto weiterhin benutzen müssen, um zur Arbeit zu kommen.
  • Andere Beispiele sind Schulbücher oder verschreibungspflichtige Medikamente.
Komfortgüter und -waren (eher elastisch)/Luxusgüter und -waren (recht elastisch)
  • Elastischer sind Produkte, die das Leben schöner und angenehmer machen, wie ein Fernseher oder eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio.
  • Bei Genuss- und Luxusgütern wie einem Sportwagen oder einem Diamantring spielt auch Geschmack eine Rolle – grundsätzlich sind diese Produkte ja nicht lebensnotwendig.
Einkommen und Wirtschaft
  • Auch das durchschnittliche Einkommen einer Konsumentengruppe oder einer Volkswirtschaft beeinflusst die Nachfrageelastizität von Waren und Dienstleistungen.
  • Befindet sich die Wirtschaft im Abschwung, kann der Rückgang des Jahreseinkommens für die Mehrheit der Bevölkerung dazu führen, dass Luxusartikel elastischer werden.
  • Eine Rezession veranlasst Konsumenten dazu, zu sparen anstatt Geld für Luxusartikel auszugeben.
Konkurrenz und Substitute/ Ersatzprodukte
  • Je mehr Konkurrenz bzw. Ersatzprodukte es gibt, desto elastischer ist die Nachfrage, weil die Verbraucher einfach wechseln können. 
  • Wenn beispielsweise der Preis für Bayerischen Spargel wegen schlechten Wetters und schlechter Ernte gestiegen ist, Spargel aus Spanien aber ein gleichwertiges Konkurrenzprodukt in Geschmack, Qualität und Preis ist, wird die Nachfrage der Verbraucher danach steigen.
Produktlebenszyklus
  • Bei Produktneuheiten ist die Preiselastizität der Nachfrage gering, da es nur wenige oder gar keine Konkurrenz am Markt gibt.

  • Im Gegensatz dazu sind die Long-Tail-SKUs oder Artikel mit Preisnachlass eher elastische Produkte.

Höhe des Preises
  • Für die meisten Produkte ist die Preiselastizität nicht für alle Preise gleich.
  • Oft sind hochpreisige Produkte elastischer, weil Kunden sich mehr Gedanken über den Kauf und die Investition machen – auch ein Preisvergleich mit Konkurrenzprodukte ist wahrscheinlicher.
Marke und Service des Händlers
  • Die Preiselastizität eines Produkts steht in Wechselwirkung mit dem restlichen Angebot eines Händlers.
  • Bietet der Händler beispielsweise ein Bonusprogramm oder besonders gute Lieferbedingungen, so sind Kunden weniger wechselwillig und kaufen auch bei höheren Preisen dort  – dadurch sinkt die Preiselastizität.
  • Auch die Marke eines Händlers kann sich positiv oder negativ auf die Elastizität auswirken.

Diese Liste von Faktoren hat keine Anspruch auf Vollständigkeit. Viele weitere Punkte wie z. B. die Position im Warenkorb können die Preiselastizität beeinflussen.

Whitepaper

Predictive Pricing

Die nächste Generation der Preisoptimierung für den Handel

Preiselastizität in Zeiten von COVID-19

In Zeiten erhöhter Nachfrage nach bestimmten Produkten wird die Preiselastizität im Einzelhandel sehr deutlich, wie bei Toilettenpapier. Für Toilettenpapier gibt es keine Substitute oder Ersatzprodukte.  

Während Toilettenpapier in der Regel zu einem günstigen Preis erhältlich ist, haben die Verbraucher es während des ersten Lockdowns 2020 geradezu gehortet. Wegen des Mangels an Substituten änderte sich die Einstellung gegenüber dem Preis: In normalen Zeiten betrachten Verbraucher die Preise von Toilettenpapier als etwas Elastisches – steigt der Preis eines bestimmten Herstellers, kann man auf Alternativen zurückgreifen. Wenn jedoch der Preis steigt und die Konkurrenzprodukte ausverkauft sind, wird PED unelastisch: Die Menschen zahlen auch einen höheren Preis.

Intelligente Preisstrategien mit Machine Learning-basierter Pricing Software

Für die optimale Berechnung von Preiselastizitäten nutzen führende Händler heute Algorithmen des maschinellen Lernens. Diese Methode gilt als Best Practice, da sie so viele Informationen wie möglich über die Preiselastizität aus den verfügbaren Daten extrahiert. Mit konventionellen Ansätzen zur Preisgestaltung werden nur rund drei bis fünf unterschiedliche Faktoren berücksichtigt. Software, die die neueste Generation von neuronalen Netzwerken verwendet, kann alle relevanten Faktoren zur Bestimmung der Preiselastizitäten berücksichtigen. Im Vergleich zu einer einfacheren regelbasierten Preisfindung führt das zu besseren Ergebnissen und ermöglicht eine differenziertere Preisgestaltung.

Um Preiselastizität aus vorhandenen Transaktionsdaten ablesen zu können, müssen die Preise in der Vergangenheit geändert worden sein. Die neueste Generation der Machine Learning-basierten Pricing Software ist in der Lage, über Produktgruppen oder Cluster hinweg zu lernen. In diesem Fall muss nicht jeder Artikel über eine Historie von Preisänderungen verfügen, um seine Preiselastizität zu bestimmen. Dennoch ist die Messung der Preiselastizität weiterhin eine Herausforderung für Einzelhandelssegmente mit saisonal wechselnden Sortimenten wie beispielsweise in der Modebranche.

Demo anfordern

Finden Sie heraus, wie die Predictive Pricing-Technologie von 7Learning Sie im Einzelhandel unterstützt.

Book a free product demo.